Ergebnisbericht zur Interview-Studie "Gesundheit und Gesundheitskompetenz von Schüler*innen, Schulleitungs- und Lehrpersonal an hessischen Schulen in Zeiten der Corona-Pandemie (GhoStiH)" im Zeitraum von März bis Mai 2021
- Hintergrund und Zielsetzung:
Die Corona-Pandemie ging mit umfangreichen Veränderungen des Alltages an Grund- und weiterführenden Schulen einher und stellte an Menschen deutschlandweit hohe Anforderungen an den Umgang mit Gesundheitsinformationen. Aktuelle Studien deuteten auf ein hohes Belastungserleben und eine psychische Beanspruchung von Schüler*innen, Schulleitungen und Lehrpersonen während der Corona-Pandemie hin. Vor diesem Hintergrund wurde am Fachbereich Gesundheitswissenschaften der Hochschule Fulda unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Rathmann die Studie zur „Gesundheit und Gesundheitskompetenz von Schüler*innen, Schulleitungs- und Lehrpersonal an hessischen Grund- und weiterführenden Schulen in Zeiten der Corona-Pandemie (GhoStiH)“ durchgeführt. Innerhalb der Studie wurde (1) das Belastungs- und Beanspruchungserleben sowie die Gesundheitskompetenz von Schulleitungen, Lehrpersonen und Schüler*innen an hessischen Grund- und weiterführenden Schulen erfasst. Daneben standen (2) wahrgenommene Veränderungsbedarfe im Hinblick auf Belastungen, Beanspruchungen und die Gesundheitskompetenz von Schulleitungen, Lehrpersonen und Schüler*innen während der Corona-Pandemie im Fokus. Schließlich sollten (3) Handlungsempfehlungen zur Minderung pandemiebedingter Belastungen und Beanspruchungen sowie zur Förderung der Gesundheitskompetenz bei den Zielgruppen formuliert werden.
Methodik:
Im Rahmen des qualitativen Anteils der Studie wurden im Zeitraum von März bis Mai 2021 n=8 Schüler*innen wie auch n=7 Schulleitungen und n=9 Lehrpersonen mithilfe von problemzentrierten Interviews telefonisch bzw. videogestützt befragt. Die Interviews wurden transkribiert und mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse unter Verwendung deduktiver und induktiver Kategorienbildung ausgewertet.
Ergebnisse:
Die Ergebnisse wiesen auf ein starkes Belastungs- und Beanspruchungserleben der Schüler*innen wie auch des Schulleitungs- und Lehrpersonals während der Corona-Pandemie hin. Fehlende soziale Beziehungen und fehlende Alltagsstrukturen stellten starke Belastungen der Schüler*innen dar und wirkten sich negativ auf die psychische Gesundheit aus. Dabei waren Gefühle der Einsamkeit, Langeweile, Aggressivität und des "Genervtseins“ in allen Gruppen der Schüler*innen präsent. Das Gesundheitsverhalten, wie etwa das Bewegungs- und Ernährungsverhalten, war bei den Schüler*innen unterschiedlich stark ausgeprägt. Die kritische Beurteilung pandemiespezifischer Gesundheitsinformationen bereitete einem Teil der Schüler*innen Schwierigkeiten, wohingegen das Finden, Verstehen und Anwenden der Informationen weniger problematisch erschien.
Belastungen und Beanspruchungen des Schulleitungs- und Lehrpersonals bezogen sich überwiegend auf die Ebenen der Arbeitsaufgabe, -organisation, -umgebung und das soziale Umfeld während der Corona-Pandemie. Die Interviews deuteten auf eine psychisch-emotionale Beanspruchung des Schulleitungs- und Lehrpersonals während der Corona-Pandemie hin, wohingegen physische Beanspruchungen eine untergeordnete Rolle spielten. Die Mehrheit der Befragten berichtete von einem ausgeprägten Gesundheitsverhalten und einem hohen Gesundheitsbewusstsein. Anhand der Interviews zeigten sich nur wenige Schwierigkeiten des Schulleitungs- und Lehrpersonals im Umgang mit pandemiespezifischen Gesundheitsinformationen, welche überwiegend auf den Kompetenz-Ebenen der Beurteilung und Anwendung zu finden waren. Bedarfe wurden im Hinblick auf schulische Rahmenbedingungen, Kommunikations- und Kooperationsprozesse wie auch auf gesundheitsbezogene Angebote formuliert.
Schlussfolgerungen:
Um das Belastungserleben von Schüler*innen während der Corona-Pandemie und in vergleichbaren Situationen zu senken und einen Beitrag zur Stärkung von Gesundheit und Wohlbefinden zu leisten, wurden vier Handlungsfelder identifiziert. Das erste Handlungsfeld bezieht sich auf eine „Strukturierung des Alltages“, welche während der Corona-Pandemie im Falle vieler Schüler*innen abhandengekommen ist. Als zweites Handlungsfeld wurden “schulische Rahmenbedingungen” identifiziert. Demnach können u. a. einheitliche Regelungen im Distanz-Unterricht, übersichtlich gestaltete Lernplattformen und ein angemessener Workload zu einer Entlastung der Schüler*innen beitragen. Die Bereiche “Kommunikation und soziale Beziehungen” stellten ein drittes Handlungsfeld dar. Schüler*innen sollte trotz andemiebedingter Einschränkungen die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte erleichtert werden, wobei Lehrpersonen und Erziehungsberechtigte eine unterstützende Funktion einnehmen. Das letzte Handlungsfeld weist auf die Notwendigkeit von Ansätzen zur Stärkung der “Gesundheitskompetenz und des Gesundheitsbewusstseins” bei Schüler*innen aller Altersgruppen hin.
Um zu einer Entlastung des Schulleitungs- und Lehrpersonals während der Corona-Pandemie und in künftigen Ausnahmesituationen beizutragen, wurden drei Handlungsfelder identifiziert. Das erste Handlungsfeld „schulische Rahmenbedingungen“ beinhaltet die Qualifikation von Lehrpersonen im Bereich des Distanzunterrichts, den Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen und deren technischer Ausstattung sowie die Aufstockung personeller Ressourcen. Das zweite Handlungsfeld „Kommunikation und Kooperation“ bezieht sich u. a. auf die Partizipation von Schulleitungen und Lehrpersonen an politischen Entscheiden, auf die Informationsweitergabe und -aufbereitung seitens politischer Akteur*innen sowie auf schulinterne und -externe Austauschmöglichkeiten. Schließlich betont das dritte Handlungsfeld „Prävention und Gesundheitsförderung“ die Relevanz von Aktivitäten zur Förderung der psychischen Gesundheit des Schulleitungs- und Lehrpersonals während der Corona-Pandemie.