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Hintergrund und Zielsetzung: Die Forschung zur Gesundheitskompetenz bei Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Personen dieser vulnerablen Bevölkerungsgruppe gehören häufig einer Selbsthilfegruppe an. Die derzeitige Corona-Pandemie stellt große Herausforderungen an Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung insbesondere im Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen und im Zugang zum Gesundheitswesen. Ziel der GeMSeHeCo-Studie ist daher, Erfahrungen im Umgang mit analogen und digitalen Gesundheitsinformationen und das Informationssuchverhalten von Mitgliedern der Selbsthilfe zu erfassen. Auch stehen wahrgenommene Barrieren im Gesundheitswesen vor und während der Corona-Pandemie sowie die Rolle und Unterstützungsmöglichkeiten der Selbsthilfe bei der Suche nach Gesundheitsinformationen und Förderung der (digitalen) Gesundheitskompetenz der Mitglieder im Fokus.
Methodik: Im Rahmen einer qualitativen Primärerhebung wurden bundesweit zwischen Juli bis Oktober 2020 telefonisch leitfadengestützte Interviews mit n=12 Mitgliedern von Selbsthilfegruppen für Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung sowie n=19 Vertreter*innen von Selbsthilfeorganisationen für Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung geführt. Die Interviews wurden basierend auf der qualitativen strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz mittels der Software MAXQDA ausgewertet.
Ergebnisse: Die Ergebnisse der Studie weisen auf heterogene Erfahrungen der Vertreter*innen der Selbsthilfe bezüglich der Gesundheitskompetenz ihrer Mitglieder hin. Langjährige Mitglieder weisen gute Kompetenzen im Umgang mit analogen und digitalen Gesundheitsinformationen auf. Wohingegen neue Mitglieder aus Sicht der Vertreter*innen der Selbsthilfe häufiger vor Herausforderungen beim Finden, Verstehen, Beurteilen und Anwenden von Informationen bezüglich der Corona-Pandemie stehen. Als Informationsquelle für Gesundheitsinformationen werden die Verwendung unterschiedlicher allgemeiner (bspw. Austausch mit Expert*innen unterschiedlicher Fach(arzt)disziplinen bei bspw. Kongressen, Vorträgen) und digitaler Quellen (bspw. Seminare im Onlineformat, Webseiten offizieller Stellen wie bspw. des Robert Koch-Instituts) angegeben. Die Suche nach gesundheitsbezogenen Informationen vor und nach dem Arztbesuch kann aus Sicht der Vertreter*innen der Selbsthilfe Auswirkungen auf den Besuch beim Arzt/bei der Ärztin haben. Als positive Auswirkung wird u. a. die Kommunikation auf Augenhöhe zwischen dem ärztlichen Personal und den Patienten*innen berichtet. Als negative Auswirkung wird die häufig fehlende Wertschätzung und Anerkennung der Informationssuche durch die Selbsthilfemitglieder von dem ärztlichen Personal genannt. Die Ergebnisse weisen auf strukturelle und finanzielle Barrieren im Gesundheitswesen sowie Zugangs- und Umweltbarrieren in der Gesundheitsversorgung vor und während der Corona-Pandemie hin. Die gegenseitige Unterstützung innerhalb der Selbsthilfegruppe und das Angebot von Hilfestellungen wurde als bedeutende Rolle der Selbsthilfe bei der Suche nach Gesundheitsinformationen genannt. Während der Corona-Pandemie wurden von den Vertreter*innen der Selbsthilfe Beratungen über Telefon oder Video sowie die digitale Bereitstellung und Diskussion von Gesundheitsinformationen als Alternative zu physischen Treffen und analogen Gesundheitsinformationen angeboten.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der GeMSeHeCo-Studie heben die Relevanz der Selbsthilfe bei der Förderung der Gesundheitskompetenz ihrer Mitglieder hervor. Während der Corona-Pandemie gilt es besonders auf die individuellen Bedürfnisse, Probleme und Wünsche der Mitglieder einzugehen. Um Menschen mit Beeinträchtigung auch in der Pandemie ausreichend Hilfestellungen im Umgang mit Gesundheitsinformationen anbieten und die Teilhabe an Gesundheit ermöglichen zu können, sind vermehrt digitale Angebote erforderlich. Für Personen innerhalb der Selbsthilfe, die aufgrund ihres Alters, ihrer technischen Ausstattung oder Sprachbarrieren (digitale) Gesundheitsinformationen nur eingeschränkt verstehen und durch webbasierte Angebote nicht erreicht werden können, bedarf es der Unterstützung durch die Selbsthilfe bspw. durch telefonische Kontaktaufnahme und die Übersetzung der erforderlichen Gesundheitsinformationen in bspw. Leichte oder andere Landessprachen.
Hintergrund und Zielsetzung: Die derzeitige Corona-Pandemie bringt seit dem Frühjahr 2020 viele Veränderungen für Menschen weltweit mit sich. Menschen mit Beeinträchtigung, die in Einrichtungen der Eingliederungshilfe leben und arbeiten, weisen häufig ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Krankheitsverlauf bei der Infektion mit Covid-19 auf und sind in besonderem Maß von den Vorgaben und Einschränkungen während der Corona-Pandemie betroffen. Auch das Fachpersonal in Einrichtungen der Eingliederungshilfe steht seit Beginn der Pandemie vor Herausforderungen. Die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben Auswirkungen auf die Teilhabe an Gesundheit von Menschen mit Beeinträchtigung. Ziel der TaG-Co-Studie ist es, die Teilhabe an Gesundheit von Menschen mit Beeinträchtigung während der Corona-Pandemie zu untersuchen. Dabei stehen neben den Vorgaben zur Expositionsprophylaxe auch der Umgang mit Gesundheitsinformationen, der Zugang und die Inanspruchnahme des Gesundheitswesens, Präventions- und Gesundheitsangebote, das Ernährungsverhalten und der Substanzmittelkonsum sowie die Gestaltung von Kontakten zu Angehörigen und Bezugspersonen während der Pandemie im Zentrum der Studie. Darüber hinaus wird die Rolle der Fachverbände und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung währende der Corona-Pandemie bei der Teilhabe an Gesundheit von Menschen mit Beeinträchtigung untersucht.
Methodik: Im Rahmen einer qualitativen Primärerhebung wurden bundesweit (außer Berlin, Bremen, Hamburg und Saarland) leitfadengestützte Telefoninterviews mit n=12 Leitungs- und Fachpersonen von Einrichtungen für Menschen mit Behinderung im Bereich Wohnen sowie n=4 Vertreter*innen von Bundes- und Fachverbänden für Menschen mit Beeinträchtigung von November bis Dezember 2020 geführt. Die Interviews wurden mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.
Ergebnisse: Verordnungen zur Expositionsprophylaxe und Kontaktbeschränkung wurden in den Einrichtungen meist gut umgesetzt; eine permanente Einhaltung der Hygienekonzepte stellte für das Fachpersonal aufgrund der schweren Vereinbarkeit mit den Abläufen der Pflege allerdings eine große Herausforderung dar. In vielen Einrichtungen wurden Gesundheitsinformationen in Bezug auf die Corona-Pandemie in „Krisenteams“ besprochen und in Leichter Sprache zur Verfügung gestellt. Die meisten Vorsorgeuntersuchungen und Gesundheitsangebote wurden während der Corona-Pandemie nicht durchgeführt. Die Einrichtungen berichteten von positiven Veränderungen im Ernährungsverhalten bei den Bewohner*innen aufgrund der Besuchs- und Kontaktbeschränkungen. Es konnten keine Veränderungen des Alkohol- oder Tabakkonsums im stationären Bereich bepbachtet werden. Dagegen zeigte sich im ambulant betreuten Wohnbereich eine Zunahme des Alkohol- und Medikamentenkonsums, insbesondere bei Klient*innen mit psychischen Beeinträchtigungen. Zur Gewährleistung der sozialen Teilhabe ermöglichten die Einrichtungen Alternativen, bspw. Gespräche am offenen Fenster oder digitale Formate (z. B. Skype). Einschränkungen wie die Schließungen der Werkstätten, führten bei einigen Bewohner*innen zu Änderungen des Verhaltens, wie sozialer Rückzug oder unruhiges und aggressives Verhalten. Auf Ebene der Fachverbände wurden neue Formate (bspw. Newsletter oder Fachforen) zur Weiterleitung von Informationen während der Corona-Pandemie geschaffen. Als problematisch thematisierten die Fachverbände, dass die technische Ausstattung der Einrichtungen vielfach nicht ausreichend sei und digitale Angebote nicht genutzt werden können. Während der Pandemie steht der Infektionsschutz der Menschen mit Beeinträchtigung neben dem Austausch mit Bundes- und Landesbehörden im Vordergrund der Arbeit der Fachverbände, in dem u. a. Konzepte zur Reduzierung des Ansteckungsrisikos entwickelt werden.
Schlussfolgerungen: Auch wenn die Einrichtungen der Eingliederungshilfe die Herausforderungen durch die Corona-Pandemie auf vielfältige Weise bewältigen, besteht großer Bedarf um die Einrichtungen von Seiten der Fachverbände und der Politik zu unterstützen. Einrichtungsleitungen und Fachpersonal in Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung benötigen Konzepte, die aus der Praxiserfahrung heraus entwickelt werden, um die Klient*innen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Darüber hinaus dürfen die sozialen Aspekte der Teilhabe und die individuellen Besonderheiten der Menschen mit Beeinträchtigung nicht vernachlässigt werden. Nur so kann auch während der Corona-Pandemie die Teilhabe an Gesundheit von Menschen mit Beeinträchtigung gewährleistet werden.