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Gesundheitskompetenz, verstanden als die Fähigkeit des Findens und angemessenen Umgangs mit gesundheitsbezogenen Informationen, kann als Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts verstanden werden. Angesichts der Informationsvielfalt und ihrer Bedeutung für die Erhaltung und Förderung von Gesundheit, sollte Gesundheitskompetenz möglichst früh im Lebenslauf und bereits in der Schule entwickelt und gefördert werden. Auf Basis eines nationalen Workshops mit Akteuren aus Wissenschaft, Praxis und Politik wird in dem vorliegenden Papier eine Vision zur Entwicklung von 100 Leuchtturmschulen bis zum Jahr 2025 entworfen. Diese Vision stellt der Ausgangspunkt einer neu gegründeten nationalen Allianz Gesundheitskompetenz und Schule dar.
Hintergrund: Das Konzept der organisationalen Gesundheitskompetenz (OGK) hat in den letzten Jahren in Forschung und Praxis großen Aufschwung im deutschsprachigen Raum bekommen. Lange Zeit lag der Fokus auf der „persönlichen Gesundheitskompetenz“ – also den individuellen Fertigkeiten und Fähigkeiten von Menschen beim Finden, Verstehen, Beurteilen und Anwenden von Gesundheitsinformationen und -dienstleistungen.
Mittlerweile richtet sich der Blick zunehmend auf die Anforderungen, Komplexität und Rahmenbedingungen von Organisationen, Lebenswelten und Settings, in denen Menschen aufwachsen, leben und arbeiten. Die Rahmenbedingungen, Anforderungen und die Komplexität von Organisationen sollen möglichst so gestaltet werden, dass sich Nutzende (u. a. Patient*innen, Gesundheitsfachberufe bzw. Fachpersonen) gesundheitskompetent verhalten können. Damit wird die Verantwortung bei den Organisationen und Lebenswelten sowie den dort agierenden Akteuren gesehen.
Inwieweit sich Nutzende gesundheitskompetent verhalten können, ist maßgeblich von der jeweiligen Situation, dem Anwendungskontext, der Komplexität des jeweiligen Systems und dessen Rahmenbedingungen abhängig. Entscheidend ist auch die Bereitschaft und Fähigkeit der dort tätigen Akteure (z. B. Leitungspersonal, Gesundheitsfachberufe), Strukturen und Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie die GK ihrer Patient*innen und Bewohner*innen fördern können (Rathmann et al. 2024). Ziel der Übersicht ist es, die bislang vielfach verwendeten Definitionen der OGK aufzuführen, um Forscher*innen, Studierenden und Praktiker*innen einen Überblick zu geben.
Methodik: Die Übersicht „Definitionen der organisationalen Gesundheitskompetenz“ basiert auf einer Literaturrecherche (Zelf/Rathmann 2023, Rathmann et al. 2023b), die in elektronischen Datenbanken (CINAHL, EMBASE, PubMed, PsycInfo) sowie durch Handrecherche in thematisch relevanten deutsch- und englischsprachigen Zeitschriften durchgeführt wurde. Die vorliegende Übersicht dient als Orientierungshilfe, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
Ergebnisse: Die meisten Definitionen der OGK beziehen sich auf die Gesundheitsversorgung und hier insbesondere auf sog. „Krankenbehandlungsorganisationen“ (Dietscher et al. 2015, Dietscher/Pelikan 2023). Neuere Definitionen beziehen sich nicht mehr nur auf die (akut-)stationäre Versorgung (im Krankenhaus), sondern auch auf den ambulanten Bereich (Trezona et al. 2017). Zahlreiche neuere Definitionen erweitern ihre Perspektive durch die Berücksichtigung um das Sozial-, Erziehungs- und Bildungssystem (Rathmann et al. 2024, Rathmann/László 2024a, Schaefer et al. 2019).
In Anlehnung an die Ergebnisse der internationalen Arbeitsgruppe „Health Promoting Hospitals & Health Literate Healthcare Organizations“ (HPH & HLO) umfasst die OGK acht Standards (Working Group HPH & HLO 2019). Beginnend mit der Implementierung der GK über alle Strukturen der Einrichtung (u. a. im Leitbild) hinweg auch die Schulung der Mitarbeitenden zur GK sowie die GK der Patient*innen bzw. Bewohner*innen oder im Bereich der patient*innenzentrierten Kommunikation kann die OGK auf den Ebenen der Organisation, der (Gesundheits-)Fachpersonen oder der Patient*innen und Bewohner*innen adressiert werden.
Aufgrund der Erfahrungen mit Praxiseinrichtungen, insbesondere im Pflegebereich, sprechen Rathmann und Kolleg*innen (2021a, 2021b) nicht mehr von „Standards“, sondern von „Handlungsfeldern“ der OGK, um Verwechslungen mit den „Pflegestandards“ zu vermeiden (László/Spatzier/Rathmann 2024, Rathmann et al. 2023a, 2023b, Rathmann/László 2024b).
Die Definitionen – so vielfältig sie sein mögen – heben insbesondere hervor, dass Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, im Sinne des relationalen Ansatzes der OGK, Maßnahmen zur Stärkung der GK über alle Strukturen der Einrichtung hinweg umsetzen, um ihren Patient*innen, Bewohner*innen oder Angehörigen verlässliche und leicht verständliche gesundheitsbezogene Informationen verfügbar zu machen. Sie beziehen Patient*innen, Bewohner*innen oder Angehörige sowie Mitarbeitende (d. h. Leitungs- und Fachpersonen) in die Entwicklung von Dokumenten, Materialen und Dienstleistungen ein, schulen die Mitarbeitenden im Sinne der OGK im Bereich der GK, ermöglichen eine einfache Orientierung und leichten Zugang zu Angeboten, Dokumenten und Materialien, adressieren die gesundheitskompetente Kommunikation und fördern die GK von Patient*innen, Bewohner*innen oder Angehörigen, Mitarbeitende und der lokalen Bevölkerung (Brach et al. 2012, Rathmann/László 2024a, 2024b).
Schlussfolgerung: Der Überblick verweist darauf, wie vielfältig die Definitionen zur OGK sind. Insgesamt hebt die Mehrzahl der Definitionen zur OGK den situativen und relationalen Fokus hervor und damit die Bedeutung und Verantwortung von Organisationen bzw. Systemen, um die Anforderungen und Komplexität zu reduzieren und solche Rahmenbedingungen zu schaffen, die zu einem höheren Maß an Gesundheitskompetenz bei allen Nutzenden und Akteuren beitragen.
Der vorliegende Bericht stellt erstmals ausgewählte Ergebnisse der „COVID-19 Health Literacy“ (COVID-HL) Studie bei Studierenden an Hochschulen in Deutschland vor. Im Fokus stehen Ergebnisse zur Informationssuche von und zur Zufriedenheit mit Online-Gesundheitsinformationen, zur digitalen Gesundheitskompetenz und zur psychischen Gesundheit von Studierenden während der Corona-Pandemie. Die Befragung erfolgte in Form eines Online-Surveys in der Zeit vom 25. März bis 17. April 2020. Insgesamt haben 14.895 Studierende aus 130 Hochschulen an der Studie teilgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Internet als Informationsquelle zum Thema Coronavirus bei Studierenden eine besondere Bedeutung einnimmt. Primäre Quellen der onlinebasierten Informationsrecherche zum Thema Coronavirus sind Suchmaschinen, Nachrichtenportale und Internetseiten öffentlicher Einrichtungen. Die häufigsten Suchanfragen betreffen dabei Informationen zur Ausbreitung des Coronavirus, zu Einschränkungen des Lebensalltags durch die Corona-Pandemie sowie zu aktuellen Situationseinschätzungen und handlungsleitenden Verhaltensempfehlungen zum Schutz vor dem Coronavirus. Jeder fünfte Studierende gab an, schon einmal nach Informationen zum Umgang mit psychischen Belastungen gesucht zu haben. Mehr als die Hälfte der Studierenden sind mit der Informationslage zufrieden, wobei sich für weibliche Studierende eine geringere Zufriedenheit feststellen lässt. Der Großteil der Studierenden weist eine ausreichende digitale Gesundheitskompetenz auf, d. h. ihnen fällt der Umgang mit Online-Gesundheitsinformationen zum Thema Coronavirus leicht. Am häufigsten berichten Studierende über Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit von Online-Gesundheitsinformationen sowie bei der Bewertung möglicher kommerzieller Interessen der recherchierten Informationen. Zudem weist ein Teil der Studierenden Probleme auf, die gesuchten Informationen im Internet zu finden, eigene Anliegen passgenau und verständlich zu formulieren und zu beurteilen, welche Personen die eigenen in sozialen Netzwerken oder Foren geposteten Nachrichten mitlesen können. Studierende mit einer hohen digitalen Gesundheitskompetenz weisen auch ein höheres psychisches Wohlbefinden auf. Eine hohe digitale Gesundheitskompetenz unterstützt Studierende dabei, proaktiv im Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen während der Corona-Pandemie umzugehen und informierte Entscheidungen zu treffen. Die vorliegende Studie zeigt die Selbsteinschätzung der Studierenden und deutet auf ihre selbst wahrgenommenen Herausforderungen und Belastungen hin. Für Studierende mit Einschränkungen, z. B. des psychischen Wohlbefindens, sollten zielgerichtete Informations- und Unterstützungsangebote aufgezeigt werden, um mit den Herausforderungen der Pandemie und insbesondere der Infodemie besser umgehen zu können.
Hintergrund und Zielsetzung: Die Forschung zur Gesundheitskompetenz bei Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Personen dieser vulnerablen Bevölkerungsgruppe gehören häufig einer Selbsthilfegruppe an. Die derzeitige Corona-Pandemie stellt große Herausforderungen an Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung insbesondere im Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen und im Zugang zum Gesundheitswesen. Ziel der GeMSeHeCo-Studie ist daher, Erfahrungen im Umgang mit analogen und digitalen Gesundheitsinformationen und das Informationssuchverhalten von Mitgliedern der Selbsthilfe zu erfassen. Auch stehen wahrgenommene Barrieren im Gesundheitswesen vor und während der Corona-Pandemie sowie die Rolle und Unterstützungsmöglichkeiten der Selbsthilfe bei der Suche nach Gesundheitsinformationen und Förderung der (digitalen) Gesundheitskompetenz der Mitglieder im Fokus.
Methodik: Im Rahmen einer qualitativen Primärerhebung wurden bundesweit zwischen Juli bis Oktober 2020 telefonisch leitfadengestützte Interviews mit n=12 Mitgliedern von Selbsthilfegruppen für Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung sowie n=19 Vertreter*innen von Selbsthilfeorganisationen für Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung geführt. Die Interviews wurden basierend auf der qualitativen strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz mittels der Software MAXQDA ausgewertet.
Ergebnisse: Die Ergebnisse der Studie weisen auf heterogene Erfahrungen der Vertreter*innen der Selbsthilfe bezüglich der Gesundheitskompetenz ihrer Mitglieder hin. Langjährige Mitglieder weisen gute Kompetenzen im Umgang mit analogen und digitalen Gesundheitsinformationen auf. Wohingegen neue Mitglieder aus Sicht der Vertreter*innen der Selbsthilfe häufiger vor Herausforderungen beim Finden, Verstehen, Beurteilen und Anwenden von Informationen bezüglich der Corona-Pandemie stehen. Als Informationsquelle für Gesundheitsinformationen werden die Verwendung unterschiedlicher allgemeiner (bspw. Austausch mit Expert*innen unterschiedlicher Fach(arzt)disziplinen bei bspw. Kongressen, Vorträgen) und digitaler Quellen (bspw. Seminare im Onlineformat, Webseiten offizieller Stellen wie bspw. des Robert Koch-Instituts) angegeben. Die Suche nach gesundheitsbezogenen Informationen vor und nach dem Arztbesuch kann aus Sicht der Vertreter*innen der Selbsthilfe Auswirkungen auf den Besuch beim Arzt/bei der Ärztin haben. Als positive Auswirkung wird u. a. die Kommunikation auf Augenhöhe zwischen dem ärztlichen Personal und den Patienten*innen berichtet. Als negative Auswirkung wird die häufig fehlende Wertschätzung und Anerkennung der Informationssuche durch die Selbsthilfemitglieder von dem ärztlichen Personal genannt. Die Ergebnisse weisen auf strukturelle und finanzielle Barrieren im Gesundheitswesen sowie Zugangs- und Umweltbarrieren in der Gesundheitsversorgung vor und während der Corona-Pandemie hin. Die gegenseitige Unterstützung innerhalb der Selbsthilfegruppe und das Angebot von Hilfestellungen wurde als bedeutende Rolle der Selbsthilfe bei der Suche nach Gesundheitsinformationen genannt. Während der Corona-Pandemie wurden von den Vertreter*innen der Selbsthilfe Beratungen über Telefon oder Video sowie die digitale Bereitstellung und Diskussion von Gesundheitsinformationen als Alternative zu physischen Treffen und analogen Gesundheitsinformationen angeboten.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der GeMSeHeCo-Studie heben die Relevanz der Selbsthilfe bei der Förderung der Gesundheitskompetenz ihrer Mitglieder hervor. Während der Corona-Pandemie gilt es besonders auf die individuellen Bedürfnisse, Probleme und Wünsche der Mitglieder einzugehen. Um Menschen mit Beeinträchtigung auch in der Pandemie ausreichend Hilfestellungen im Umgang mit Gesundheitsinformationen anbieten und die Teilhabe an Gesundheit ermöglichen zu können, sind vermehrt digitale Angebote erforderlich. Für Personen innerhalb der Selbsthilfe, die aufgrund ihres Alters, ihrer technischen Ausstattung oder Sprachbarrieren (digitale) Gesundheitsinformationen nur eingeschränkt verstehen und durch webbasierte Angebote nicht erreicht werden können, bedarf es der Unterstützung durch die Selbsthilfe bspw. durch telefonische Kontaktaufnahme und die Übersetzung der erforderlichen Gesundheitsinformationen in bspw. Leichte oder andere Landessprachen.
Hintergrund:
Die Studie „Gesundheitskompetenz bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in der Grundschule (GeKoS)“ untersucht die Bedeutung der und Möglichkeiten zur Stärkung der Gesundheitskompetenz bei Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in inklusiven Regelschulen und Förderschulen. Ziele der GeKoS-Studie sind: (1) die Bedeutung der Gesundheitskompetenz in Schulen (inklusive Grundschule und Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung) zu ermitteln und (2) Herausforderungen und Bedarfe zur Förderung der Gesundheitskompetenz von Kindern mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in den Schulen zu erfassen. Schließlich stehen (3) Unterschiede zwischen den beiden Schularten bzgl. der Bedeutung und Förderung der Gesundheitskompetenz von Schulkindern mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung im Fokus.
Material und Methoden:
Die Daten wurden in einer qualitativen Primärerhebung leitfadengestützt erhoben. Die Interviews wurden mit N=23 (unterrichtendem) Schulpersonal an N=12 Schulen durchgeführt. Dazu gehörten n=4 Gesundheitsbeauftragte, n=7 Schulleitungen und n=12 Lehrer*innen an n=3 inklusiven Grundschulen und n=9 Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in Nordrhein-Westfalen. Die Auswertung erfolgte mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015).
Ergebnisse:
Die Bedeutung der Gesundheitskompetenz gestaltet sich an den Schulen heterogen. Das Finden, Verstehen und Beurteilen von gesundheitsrelevanten Informationen ist an den Schulen weniger relevant. Das Anwenden von Gesundheitsinformationen sowie die funktionalen und interaktiven Kompetenzen haben dagegen einen hohen Stellenwert. Die häufigsten Herausforderungen und Unterstützungsbedarfe zur Förderung der Gesundheitskompetenz stellen die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten, die wenig angepasste außerschulische Umwelt (z. B. keine barrierefreie Kommunikation im medizinischen Sektor und der Lebensmittelkennzeichnung), ungünstige Personalschlüssel und die geringe Verfügbarkeit von Sonderpädagog*innen insbesondere an den inklusiven Grundschulen dar. Zudem stellen das geringe Wissen um das Konzept der Gesundheitskompetenz und die geringe Verfügbarkeit von zielgruppenadäquaten Materialien zur Förderung der Gesundheitskompetenz Barrieren für die Förderung der Gesundheitskompetenz dar. Die strukturellen Bedingungen der Förderschulen (z. B. gebundener Ganztagsunterricht oder vergleichsweise hohe Personalschlüssel) und die inhaltliche Schwerpunktsetzung (z. B. gemeinsames Einkaufen und Kochen als Unterrichtsinhalt an den Förderschulen) tragen zur Förderung der Gesundheitskompetenz durch die Schulen bei.
Schlussfolgerungen:
Die Ergebnisse der GeKoS-Studie verdeutlichen die Relevanz des Themas und die Bedarfe zur Förderung der Gesundheitskompetenz an den Schulen, in denen Schüler*innen mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung unterrichtet werden. Neben zielgruppenadäquaten Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz der Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung sind zudem strukturelle Anpassungen der Rahmenbedingungen an den Schulen (z. B. durch höhere Personalschlüssel) und die Gestaltung der außerschulischen Umwelt (z. B. barrierefreie Kommunikation im medizinischen Sektor und der Lebensmittelkennzeichnung) notwendig.
Gesundheit von Studierenden der Hochschule Fulda - Ergebnisse des HFD-Gesundheitssurveys 2022
(2023)
Der vorliegende Bericht stellt erste ausgewählte Ergebnisse zur Gesundheit der Studierenden an der Hochschule Fulda vor. Im Fokus stehen Ergebnisse zur physischen und psychischen Gesundheit, zum Gesundheitsverhalten sowie zum Studienverlauf und –erfolg. Die erste Befragung des HFD-Gesundheitssurveys erfolgte online in der Zeit von Oktober bis Dezember 2022 und umfasst eine Stichprobe von insgesamt 1.361 Studierenden Die Ergebnisse zeigen für den Bereich der physischen Gesundheit, dass über ein Drittel der Studierenden (36,5 %) von einer chronischen Erkrankung und fast 30 % von Übergewicht oder Adipositas betroffen sind. Im Bereich der psychischen Gesundheit geben 46,8 % ein (sehr) geringes Wohlbefinden an und 30,1 % der Studierenden leiden an Erschöpfung. Mit Blick auf das Gesundheitsverhalten kommt ein Großteil der Studierenden den Empfehlungen für eine gesunde und ausgewogene Ernährung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) nicht nach. Auch die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für körperliche Aktivität werden von 68,7 % der Studierenden nicht erfüllt. Für das Konsumverhalten zeigt sich vor allem für den riskanten Alkoholkonsum eine hohe Ausprägung unter den Studierenden, während etwa ein Fünftel der Befragten angeben zu rauchen. Des Weiteren weisen fast 40 % der Studierenden Symptome einer Schlafstörung auf. Für den Studienverlauf berichten 85,7 % von zum Teil hoch ausgeprägten psychologischen Anforderungen (z. B. hartes oder exzessives Arbeiten) im Studium. Jedoch gibt mit 90 % die Mehrheit der Studierenden an, sich durch ihre Mitstudierenden und Dozierenden gut unterstützt zu fühlen.
Zusammenfassend liefern die Ergebnisse des ersten HFD-Gesundheitssurveys die Grundlage für den Auf- und Ausbau von Maßnahmen des studentischen Gesundheitsmanagements an der Hochschule Fulda. Der Ergebnisbericht schließt mit Ansatzpunkten zum Ausbau bestehender Aktivitäten, die mittelfristig in ein hochschulisches studentisches Gesundheitsmanagement und anschließend zu einem hochschulischen Gesundheitsmanagement führen sollten.
Einleitung
Im Nationalen Aktionsplan zur Gesundheitskompetenz (NAP GK, www.nap-gesundheitskompetenz.de) wird die Bedeutung der individuellen Gesundheitskompetenz betont. Zunehmend kommt der organisa-tionalen Gesundheitskompetenz (GK), bei der Förderung der individuellen GK, eine größere Bedeutung zu. Durch die Stärkung der organisationalen GK tragen Einrichtungen bzw. Organisationen durch institutionelle Maßnahmen zur Förderung der GK ihrer Mitarbeiter*innen und Klient*innen bzw. Patient*innen bei. Bislang wurde der Ansatz der gesundheitskompetenten Organisation sowie dessen Umsetzung und Messung in Deutschland nicht auf Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, d. h. Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe und nur teilweise auf Krankenhäuser übertragen und erprobt. Somit sind Ansätze zur Erfassung und Förderung der organisationalen GK in Deutschland noch rar. Übergeordnetes Ziel des Projektes ist die Entwicklung und der Aufbau von Strukturen zur Stärkung der organisationalen GK in Einrichtungen der (teil-)stationären Gesundheitsversorgung (d. h. Krankenhäuser, Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe).
Ziele
Im Zentrum des Beitrages steht die Vorstellung des Projektes sowie die Präsentation der entwickelten Instrumente zur einrichtungsspezifischen Erfassung der organisationalen Gesundheitskompetenz in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung. Weiter wird das Vorgehen der partizipativen vertiefenden Bedarfsanalyse zur GK mittels quantitativer und qualitativer Methoden in Piloteinrichtungen vorgestellt, die als Grundlage zur anschließenden Entwicklung von bedarfsorientierten Maßnahmen zur Stärkung der GK dienen.
Methode
Im Rahmen des Projekts erfolgt zunächst eine Ist-Standanalyse zur organisationalen GK in Einrichtungen der (teil-)stationären Gesundheitsversorgung mittels Online-Fragebogen. Hierfür wurden auf Grundlage bereits vorhandener Instrumente zur Erfassung der organisationalen GK drei auf die Einrichtungen Pflege, Eingliederungshilfe und Krankenhaus individualisierte Fragebögen entwickelt. Anschließend wurden diese über Pretests (Think Aloud Technik) in den drei unterschiedlichen Settings auf ihre Funktionsfähigkeit und Qualität überprüft und angepasst. Im weiteren Projektvorgehen wird in Anlehnung an den Intervention-Mapping Ansatz eine partizipativ vertiefende Bedarfsanalyse zur Stärkung der organisationalen GK verschiedener Zielgruppen/Akteure mittels quantitativer und qualitativer Methoden in den Piloteinrichtungen durchgeführt. Darauf werden Interventionen zur Stärkung der GK partizipativ entwickelt, durchgeführt und evaluiert sowie im Nachgang in einen Handlungsleitfaden überführt und zur Verfügung gestellt.
Diskussion
Das Projekt fokussiert den Aufbau von Strukturen und Prozessen hin zu einer gesundheitskompetenten Organisation in den bisher kaum bzw. nur teilweise berücksichtigten Settings der (teil-)stationären Gesundheitsversorgung.
Einleitung
Der Nationalen Aktionsplan zur Gesundheitskompetenz (NAP GK, www.nap-gesundheitskompetenz.de) fordert eine nutzerfreundliche und gesundheitskompetente Entwicklung des Gesundheitswesens auf allen Ebenen. Für Krankenbehandlungsorganisationen werden 10 Merkmale einer gesundheitskompetenten Organisation beschrieben (bspw. Einrichtungen haben eine unterstützende Leitung, in ihnen findet man sich leicht zurecht, stellen an die Zielgruppen angepasste Informationen zur Gesundheit bereit und berücksichtigen die GK eines jeden Einzelnen [1]). Es existieren bereits zahlreiche Tools, zur Stärkung der organisationalen und individuellen GK in unterschiedlichen Settings. Jedoch sind diese nicht an Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe in Deutschland angepasst. Übergeordnetes Ziel des Projekts zur Entwicklung der GK, ist die Erfassung der Bedarfe zur Stärkung der organisationalen GK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, die partizipative (Weiter-)Entwicklung von Tools zur Stärkung der organisationalen GK und schließlich die pilothafte Umsetzung in den Einrichtungen.
Ziele
Das Projekt verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, im Sinne des Intervention-Mapping-Ansatzes, zur Stärkung der organisationalen GK in Einrichtungen der (teil-)stationären Gesundheitsversorgung. Im Zentrum des Kongressbeitrages steht, wie die organisationale GK in Einrichtungen der (teil-)stationären Gesundheitsversorgung gestärkt werden kann und welche Maßnahmen (d. h. Tools) sich dafür eignen.
Methode
Um angepasst an die individuellen Bedarfe der Einrichtungen eine partizipativ entwickelte Intervention zur Stärkung der GK durchführen zu können, ist zuvor eine Systematisierung, Bewertung, Aufbereitung und eventuell Anpassung der Tools zur Stärkung der organisationalen und individuellen GK an die unterschiedlichen Settings der Gesundheitsversorgung notwendig. Auf Basis einer systematischen Literaturrecherche und Sichtung (internationaler) Literatur, wird eine Übersicht über Maßnahmen zur Stärkung der GK entlang der 10 Merkmale einer gesundheitskompetenten Organisation durchgeführt, die Maßnahmen einer Bewertung unterzogen und mögliche Anpassungen an die Einrichtungsarten der Gesundheitsversorgung vorgenommen.
Ergebnisse
Es wird eine systematische Übersicht ausgewählter Tools zur Stärkung der organisationalen und individuellen Gesundheitskompetenz angepasst an Krankenhäuser sowie Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe präsentiert.
Diskussion
Die Bündelung und partizipative Weiterentwicklung verschiedener Maßnahmen bzw. Tools zur Stärkung der organisationalen GK entlang der 10 Merkmale einer gesundheitskompetenten Organisation, ermöglicht einrichtungs- und bedarfsspezifisch die GK zu stärken. Durch die Implementierung der Maßnahmen bzw. den Ausbau von Strukturen und Prozessen zur Stärkung der organisationalen GK kann zu einer nachhaltigen Verbesserung der GK in (teil-)stationären Einrichtungen der Gesundheitsversorgung beigetragen werden.
Literatur
1 Brach C et al. (2012). Ten attributes of Health Literate Health Care Organizations. Online: https://nam.edu/wp-content/uploads/2015/06/BPH_Ten_HLit_Attributes.pdf.
Hintergrund: Das Konzept der organisationalen Gesundheitskompetenz (OGK) hat in den letzten Jahren in Forschung und Praxis großen Aufschwung im deutschsprachigen Raum bekommen. Lange Zeit lag der Fokus auf der „persönlichen Gesundheitskompetenz“ – also den individuellen Fertigkeiten und Fähigkeiten von Menschen beim Finden, Verstehen, Beurteilen und Anwenden von Gesundheitsinformationen und -dienstleistungen.
Mittlerweile richtet sich der Blick zunehmend auf die Anforderungen, Komplexität und Rahmenbedingungen von Organisationen, Lebenswelten und Settings, in denen Menschen aufwachsen, leben und arbeiten. Die Rahmenbedingungen, Anforderungen und die Komplexität von Organisationen sollen möglichst so gestaltet werden, dass sich Nutzende (u. a. Patient*innen, Gesundheitsfachberufe bzw. Fachpersonen) gesundheitskompetent verhalten können. Damit wird die Verantwortung bei den Organisationen und Lebenswelten sowie den dort agierenden Akteuren gesehen.
Inwieweit sich Nutzende gesundheitskompetent verhalten können, ist maßgeblich von der jeweiligen Situation, dem Anwendungskontext, der Komplexität des jeweiligen Systems und dessen Rahmenbedingungen abhängig. Entscheidend ist auch die Bereitschaft und Fähigkeit der dort tätigen Akteure (z. B. Leitungspersonal, Gesundheitsfachberufe), Strukturen und Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie die GK ihrer Patient*innen und Bewohner*innen fördern können (Rathmann et al. 2024).
Ziel der vorliegenden Übersicht ist es, einen Überblick über Maßnahmen, Methoden und Techniken (d. h. „Tools“) zur Stärkung der OGK in verschiedenen Standards bzw. Handlungsfeldern der OGK bereitzustellen.
Methodik: Die vorliegende Übersicht zum Thema „Gesundheitskompetenz in und mit der Praxis entwickeln: Überblick über „Tools“ zur Stärkung der organisationalen Gesundheitskompetenz“ wurde im Anschluss an das Projekt „Entwicklung der Gesundheitskompetenz in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung (EwiKo)“ erstellt (Rathmann/László 2024a). Um Maßnahmen, Techniken und Methoden (sog. „Tools“) zur Stärkung der OGK zu ermitteln, wurde im Rahmen des Projekts „EwiKo“ auf bereits existierende Arbeiten zurückgegriffen, die Maßnahmen (d. h. Tools bzw. Methoden und Techniken) bereitstellen.
Die Tools wurden nach den acht Standards bzw. Handlungsfeldern der OGK aufgeführt, d. h. 1) Leitbild und Einrichtungskultur, 2) Gemeinsame Entwicklung von Materialien, 3) Schulung der Mitarbeitenden zur GK, 4) Orientierung, 5) Gesundheitskompetente Kommunikation, 6) GK der Klient*innen, 7) GK der Mitarbeitenden, 8) GK in der Bevölkerung (Rathmann et al .2021a, 2021b). Daneben wurden pro Standard bzw. Handlungsfeld auch Praxisleitfäden aufgeführt, die als handlungsleitende Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die Piloteinrichtungen dienen, um Maßnahmen zur Entwicklung der OGK selbstständig umzusetzen. Die Praxisleitfäden bieten Anleitung und Hilfestellung zur Umsetzung von Tools zur Stärkung der GK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung an. Ziel ist dabei, die Vorbereitung und Umsetzung der Tools in Form einer Schritt-für-Schritt-Anleitung darzustellen.
Ergebnisse: Basierend auf einer Recherche nach Tools zur Stärkung der OGK wurden im Projekt „EwiKo“ für die Handlungsfelder 1-6 und 8 Praxisleitfäden entwickelt. Dabei wurden Tools ausgewählt, die sich in der Praxis bewährt haben bzw. die insbesondere für den Versorgungssektor als relevant erachtet wurden.
• In Praxisleitfaden 1 zum Handlungsfeld 1 „Leitbild und Einrichtungskultur“ können Einrichtungen der Gesundheitsversorgung mit dem Tool „Die verdeckte Testperson“ („Mystery Patient“) durch eine sog. „verdeckte Testperson“ Hinweise zur Qualität von (Gesundheits-)Leistungen, Informationen und Materialien zur Gesundheit aufdecken und basierend darauf, Prozesse und Abläufe optimieren.
• In Praxisleitfaden 2 zum Handlungsfeld 2 „Gemeinsame Entwicklung von Materialien“ empfehlen die Tools zunächst die Etablierung einer Arbeitsgruppe zur partizipativen Entwicklung von Informationsmaterialien mit Patient*innen, Bewohner*innen, Klient*innen. Anschließend werden gemeinsam Schlüsselthemen identifiziert, Materialien entwickelt und durch Patient*innen, Bewohner*innen, Klient*innen angewendet und erprobt.
• In Praxisleitfaden 3 zum Handlungsfeld 3 „Schulung der Mitarbeitenden zur GK“ werden Tools zur Förderung der GK von Führungs- und Leitungspersonen bereitgestellt, wie u. a. „Red Flags“ („Warnsignale“), Präsentationsfolien zur GK, Wissensquiz über GK.
• Um die Erreichbarkeit von und Orientierung innerhalb von Einrichtungen der Gesundheitsversorgung zu erleichtern, erweist sich das „Walking Interview“ (dt. „Rundgang-Gespräch“) im Praxisleitfaden 4 zum Handlungsfeld 4 „Orientierung“ als hilfreich.
• In Praxisleitfaden 5 zum Handlungsfeld 5 „Gesundheitskompetente Kommunikation“ unterstützt u. a. das Tool „Teach back“ („Zurückerklären“) medizinische Fachpersonen bei der gesundheitskompetenten und verständlichen Gesprächsführung mit Patient*innen, Bewohner*innen und Klient*innen.
• Die gesundheitskompetente Kommunikation von Patient*innen sowie Bewohner*innen und deren Angehörigen wird in Praxisleitfaden 6 für das Handlungsfeld 6 „GK der Patient*innen bzw. Bewohner*innen“ adressiert. Darin stehen bewährte Tools wie „Ask Me Three“ (dt. „Zu drei Fragen ermutigen“) und „Questions are the Answer“ (dt. „Fragen sind die Antwort“) im Fokus.
• Für das Handlungsfeld 7 „GK der Mitarbeitenden“ wurde auf die Materialien zur Gesundheitserhaltung und -prävention des wissenschaftlich fundierten Projekts PENELOPE (AOK PLUS und TU Dresden) zurückgegriffen.
• Um zur GK der Bevölkerung beizutragen, eignen sich sog. „Patienten-Informations-Zentren (PIZ)“, die in Praxisleitfaden 8 zum Handlungsfeld 8 „GK in der Bevölkerung“ beschrieben werden.
Entlang der „Schritt-für-Schritt-Anleitung – in sieben Schritten zur gesundheitskompetenten Einrichtung“ (Rathmann et al. 2023) erfolgt die Umsetzung der Tools bedarfsspezifisch und handlungsleitend in den Einrichtungen aufgrund von „Checklisten“, „Handzetteln“, „Vorlagen“, Erklärvideos, Fallbeispielen und weiteren Unterstützungsmaterialien, die mit Einrichtungen der Gesundheitsversorgung erprobt und evaluiert wurden.
Schlussfolgerung: Im Rahmen des Projekts „EwiKo“ sind zahlreiche praxisanleitende Materialien – d. h. Toolboxen, eine digitale Tool-Datenbank, fünf Selbstchecks, Schritt-für-Schritt-Anleitungen, Übersichten und Praxisleitfäden – für die Entwicklung und Förderung der OGK in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung entstanden. Die Toolboxen und Selbstchecks zur Erfassung der OGK im Krankenhaus, Einrichtungen der (Alten-)Pflege und Eingliederungshilfe (im Bereich Wohnen und Arbeiten/Werkstätten für Menschen mit Behinderung/WfbM) sowie in Leichter Sprache sind nun verfügbar: https://fuldok.hs-fulda.de/1066. Die Schritt-für-Schritt-Anleitung und Praxisleitfäden zur Umsetzung von Maßnahmen zur Stärkung der OGK entlang der acht OGK-Standards sollen Gesundheitseinrichtungen und den dortigen Fach- und Leitungspersonen bei der leichten Anwendung behilflich sein.
Hintergrund: Die Corona-Pandemie hat für Menschen mit chronischer Erkrankung
und/oder Behinderung ein erhöhtes Risiko für ihre körperliche und psychische
Gesundheit dargestellt. Für diese Bevölkerungsgruppen ist ein kritischer
Umgang mit digitalen und coronaspezifischen Informationen von zentraler
Bedeutung. Bislang liegen wenig Studien vor, die die Ausprägung der
coronaspezifischen und digitalen Gesundheitskompetenz so-wie die psychische
Gesundheit während der Pandemie untersuchten. Die Studie „Gesundheit und
Gesundheitskompetenz von Menschen mit Beeinträchtigung in Deutschland in
Zeiten der Corona-Pandemie“ (kurz: HeHLDiCo - Health and Health Literacy of
People with Disabilities in Times of the Corona Pandemic) zielt darauf ab,
die digitale (dGK) und coronaspezifische (cGK) Gesundheitskompetenz, das
Suchverhalten nach Informationen sowie die psychische Gesundheit der
Zielgruppe zu analysieren.
Datenbasis und Methodik: Die Datenbasis bildete eine quantitative
Online-Erhebung, die vom 24.02.2021 bis zum 31.05.2021 deutschlandweit
durchgeführt wurde. Die Querschnittstudie richtete sich an Menschen mit
chronischer Erkrankung und/oder Behinderung. Der Feldzugang er-folgte über
die Bundesarbeitsgemeinschaft der Selbsthilfe (BAG),
Landesarbeitsgemeinschaften (LAG) und die Nationale Kontakt- und
Informationsstelle zur Anregung und Unter-stützung von Selbsthilfegruppen
(NAKOS). Es beteiligten sich insgesamt N=1.076 Personen ab dem Alter von 18
Jahren an der Befragung. Der Fragebogen (in Leichter und Alltagssprache)
umfasste Indikatoren zur coronaspezifischen sowie digitalen
Gesundheits-kompetenz, dem Informationssuchverhalten und der psychischen
Gesundheit (coronabedingter Stress, Sorgen, Burnoutgefährdung, Einsamkeit,
Wohlbefinden). Neben soziodemo-grafischen und -ökonomischen Angaben wurden
Merkmale der Behinderung, chronischen Erkrankung und daraus resultierenden
Einschränkungen erfasst. Die statistische Auswertung erfolgte anhand von
deskriptiven und bivariaten Analysen.
Ergebnisse: Die Befragten gaben häufig Schwierigkeiten im Umgang mit
coronaspezifischen (41,3 %) und digitalen Informationen (26,1 %) an.
Insbesondere zeigten sich Schwierigkeiten bei Befragten mit niedrigem
Bildungshintergrund (cGK: 56,3 %; dGK: 32,2 %) und niedrigem subjektiven
Sozialstatus (SSS) (cGK: 54,3 %; dGK: 34,7 %). Die Ergebnisse zur
psychischen Gesundheit (coronabedingter Stress, Sorgen, Burnoutgefährdung,
Einsamkeit, Wohlbefinden) verweisen auf häufige Ausprägungen bei folgenden
Befragten-gruppen: hierzu zählen weibliche Befragte, 18-44jährige, Befragte
mit Einschränkungen durch ihre chronische Erkrankung, Befragte mit niedrigem
subjektiven Sozialstatus sowie Befragte, die kein Mitglied der Selbsthilfe
waren. Daneben zeigten sich deutliche Unter-schiede in der Ausprägung einer
überdurchschnittlich schlechten psychischen Gesundheit in Abhängigkeit von
dem Niveau der Gesundheitskompetenz. Befragte mit einer niedrigen
coronaspezifischen und digitalen Gesundheitskompetenz berichteten deutlich
häufiger von psychischen Gesundheitsproblemen während der Pandemie.
Diskussion: Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass die Förderung der
Gesundheitskompetenz und der psychischen Gesundheit von Menschen mit
chronischer Erkrankung und/oder Behinderung wichtig ist, in den Blick zu
nehmen. Die Selbsthilfe kann dabei einen wichtigen Beitrag leisten, da die
Selbsthilfegruppenleitungen meist eine gute Kenntnis über die
(Lebens-)Situation ihrer Mitglieder haben und daher (individuelle)
Unterstützungs- und Beratungsangebote anbieten können.