300 Sozialwissenschaften
Hintergrund
Die gegenwärtige Corona-Pandemie stellt Mitglieder von Selbsthilfegruppen vor Herausforderungen und zeigt, dass die Gesundheitskompetenz immer wichtiger wird, denn die Gesundheitskompetenz bezieht sich auf das Finden, Verstehen, Beurteilen und Anwenden von Gesundheitsinformationen. Menschen mit Behinderungen gehören einer Bevölke-rungsgruppe an, die oftmals benachteiligt wird, auch hinsichtlich ihrer Gesundheit. Damit eine gleichberechtigte Gesundheitsversorgung gewährleistet werden kann, sollte ein Zugang zum Gesundheitswesen ohne Barrieren ermöglicht werden. Ziel der Studie „Gesund-heitskompetenz von Mitgliedern der Selbsthilfe (GeMSe)“ ist es, die individuelle Gesundheitskompetenz, das Suchverhalten nach Gesundheitsinformationen und wahrgenommene Barrieren im Gesundheitssystem abzubilden.
Methode
Die Datenbasis bildet eine Online-Befragung von 778 Mitgliedern von Selbsthilfegruppen, welche von Oktober 2019 bis Januar 2020 von der Technischen Universität Dortmund in Zusammenarbeit mit der Hochschule Fulda durchgeführt wurde. Die statistische Auswertung erfolgte mittels deskriptiver, uni- sowie bivariater Analysen durchgeführt mit SPSS Statistics (Version 25).
Ergebnisse
Ein Großteil der Befragten hat nach eigener Einschätzung Schwierigkeiten beim Finden, Verstehen, Beurteilen und Anwenden von gesundheitsspezifischen Informationen. Mitglieder der Selbsthilfe verwenden am häufigsten internetbasierten Quellen wie „Google“, um nach gesundheitsrelevanten Informationen zu recherchieren. Mehr als die Hälfte der Be-fragten gaben an, vor und/oder nach dem Besuch des/der Arztes/ Ärztin nach zusätzlichen Gesundheitsinformationen zu suchen. Bezüglich der Erfahrungen und Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung zeigen die Ergebnisse, dass mehr als die Hälfte der Befragten positive Erfahrungen im Gesundheitssystem, insbesondere mit der Zeitdauer im Arzt-Patienten-Gespräch gemacht haben. In Bezug auf die künftigen Entwicklungen im Gesundheitswesen gab über die Hälfte der Befragten an, Befürchtungen zur zukünftigen Entwicklung im Gesundheitswesen zu haben.
Schlussfolgerung
Der Zugang zur Gesundheitsversorgung und die angemessene Nutzung gesundheitsbezogener Informationen sind für Menschen mit einer chronischen Erkrankung oder Behinderung, die täglich gesundheitliche Entscheidungen treffen müssen, von großer Bedeutung. Daher ist es für die Selbsthilfe erforderlich, die Gesundheitskompetenz ihrer Mitglieder zu stärken und sie bei der Suche nach Gesundheitsinformationen zu unterstützen. Die Selbsthilfe sollte auf die Befürchtungen ihrer Mitglieder eingehen und reagieren. Auf dieser Grundlage ist es empfehlenswert, weitere Forschungen hinsichtlich der Gesundheitskompetenz bei Mitgliedern von Selbsthilfegruppen, dem Informationssuchverhalten und den Barrieren in der Gesundheitsversorgung durchzuführen.
Vor der Implementierung eines wissenschaftlich fundierten Verfahrens zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen sind kurzfristige Maßnahmen notwendig, um die Belastung von Beschäftigten in der Langzeitpflege zu verringern und Gefahren für die Pflegequalität zu vermeiden. Kurzfristig notwendig ist insbesondere die bundesweite Festlegung einer durchschnittlichen Relation aus Pflegekräften und Pflegebedürftigen von 1:2 im Tagdienst und 1:20 im Nachtdienst bei einer Fachkraftquote von 50 Prozent.
Zwar sind die Gehälter in der Langzeitpflege in den letzten Jahren auch aufgrund der hohen Nachfrage nach Pflegekräften gestiegen. Die Lücke zum Vergütungsniveau in der Krankenpflege konnte jedoch nicht geschlossen werden. Eine Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen ist unter den derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Scheitern verurteilt. Bessere Umsetzungschancen hat die Erstreckung von Tarifverträgen auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes.
Die Entwicklung und Erprobung eines wissenschaftlich fundierten Verfahrens zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen ist nicht gleichbedeutend mit dessen Implementierung und Finanzierung. Ohne begleitende Maßnahmen des Gesetzgebers besteht die Gefahr, dass die wissenschaftlich abgeleiteten Betreuungsrelationen in der Praxis aus finanziellen Gründen unterlaufen werden und damit wirkungslos bleiben. Diese Entwicklung kann durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung nach § 83 SGB XI vermieden werden. Eine solche Verordnung ersetzt landesspezifische Vereinbarungen durch eine bundeseinheitliche Anwendung des wissenschaftlich abgeleiteten Standards.
Im derzeitigen System sind die Rahmenvertragspartner dafür zuständig, die Einhaltung von vertraglich vereinbarten oder von der Bundesregierung verordneten Personalstandards zu überwachen und zu sanktionieren. Dies ist keine tragfähige Lösung, weil weder Kostenträger noch Einrichtungsträger ein nachhaltiges Interesse an einer adäquaten Personalausstattung haben. Das Monitoring von Personalstandards mit einer entsprechenden Sanktionierung bei Abweichungen ist daher als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge zu begreifen. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass Einrichtungen mit dauerhaft niedrigen Personalschlüsseln von Sanktionierungen bedroht sind, die von einer Kürzung der Vergütung bis hin zur vorübergehenden oder auch dauerhaften Schließung reichen.
In der derzeitigen Finanzierungslogik der Pflegeversicherung führen steigende Personalkosten durch eine adäquate Personalausstattung und eine leistungsgerechte Bezahlung zu steigenden Eigenanteilen der Pflegebedürftigen. Vor diesem Hintergrund ist eine Umkehrung der Finanzierungslogik zu fordern. Eine Festschreibung der Eigenanteile auf niedrigem Niveau stellt sicher, dass steigende Personalkosten nicht zu steigenden finanziellen Belastungen für die Pflegebedürftigen führen.