Working Paper
Refine
Document Type
- Working Paper (115) (remove)
Keywords
- Biosphärenreservat Rhön (29)
- Hessische Rhön (5)
- Nachhaltige Entwicklung (5)
- Straßenplanung (5)
- Umwelterziehung (5)
- Bayerische Rhön (4)
- Biosphärenreservat (4)
- Gewalt (4)
- Naturschutz (4)
- Partizipation (4)
Institute
Die Studie analysiert die gesundheitliche Versorgungssituation des Landkreises Fulda vor dem Hintergrund der demografischen Transition und des sich in ländlichen Regionen abzeichnenden Hausärztemangels. Kontrastiert wird die alle Leistungsanbieter umfassende kleinräumige Bestandsaufnahme der Versorgung mit Sichtweisen von relevanten regionalen Akteuren der Versorgung und politischen Entscheidungsträgern zur aktuellen und perspektivischen Versorgungssituation und deren Entwicklungsperspektiven. Der „Versorgungsatlas“ zeigt auf Basis der verfügbaren Regionaldaten aktuell ein starkes Stadt-Land-Gefälle, eine ausgeprägte Heterogenität bei den Angebotsdichten sowie eine sich im kommenden Jahrzehnt abzeichnende Versorgungslücke im (haus-)ärztlichen Bereich. Die interviewten Akteure und Stakeholder schätzen die gesundheitliche Versorgungssituation in Übereinstimmung mit den aktuellen Bedarfszahlen derzeit noch weitgehend gut ein, sehen jedoch die zukünftige Entwicklung deutlich skeptischer. Die künftig veränderte Nachfrage nach Gesundheitsleistungen, Probleme bei der Praxisnachfolgesuche bei Hausärzten, der Fachkräftemangel bei nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen für andere Versorgungsteilnehmer werden von den Interviewpartnern als brisante Problemlagen genannt. Zur langfristigen Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung formulieren die Interviewpartner eine Vielzahl von teils übereinstimmenden, teils kontroversen Ansätzen und Maßnahmen. Im Zentrum stehen hier die Einrichtung kooperativer Versorgungsformen und -modelle, neue Formen der ärztlichen Berufsausübung, fachübergreifende Behandlungseinrichtungen, die Delegation und Substitution ärztlicher Leistungen, Aspekte der Nachwuchsförderung von Ärztinnen und Ärzten, Unterstützungsangebote durch Kommunen und Landkreis sowie die Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten. Die Studie schließt mit zusammenfassenden Handlungsempfehlungen, die sich auf die in den Interviews formulierten Vorschlägen stützen. Dem erhöhten Koordinations-, Vernetzungs- und Moderationsbedarf wäre mit der Einrichtung eines „lokalen Gesundheits- und Versorgungsforums“ zu entsprechen. Mit Modellprojekten der „Delegation“ und „Substitution“ ärztlicher Tätigkeiten an „nicht-ärztliche“ Gesundheitsberufe wären künftige Versorgungsengpässe teilweise aufzufangen und der Landkreis als zukunftsweisende Modellregion berufsgruppen- und sektorübergreifender Versorgungskonzepte innovativ und attraktiv für jegliche Gesundheitsberufe. Ebenso vielversprechend wären lokale Initiativen zur Steigerung der Attraktivität der Gesundheitsberufe in der Region durch öffentliche Aufwertung und Wertschätzung der Gesundheitsberufe insgesamt wie Maßnahmen der Verbesserung der Arbeits- und Rahmenbedingungen, beispielsweise in den Bereichen der Vergütung, der Dienstplangestaltung, der Qualifizierung und der Betreuungsangebote.
Mit Einführung der Modellklausel in das Hebammengesetz ist es in Deutschland seit 2009 möglich, neue Ausbildungsformen für die Qualifikation zur Hebamme bzw. zum Entbindungspfleger zu erproben. Dies schließt die Möglichkeit einer akademischen Ausbildung in Kooperation mit Praxispartnern ein. In einem solchen dualen Studienangebot erwerben die Absolvierenden sowohl eine Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Hebamme als auch einen Bachelor of Science in Hebammenkunde. Im Rahmen des Projektes DuGes (Duale Studiengänge in geregelten Berufen des Gesundheitswesens) wurde die Machbarkeit eines solchen Studienprogrammes geprüft und eine Stakeholderanalyse durchgeführt. Dazu wurden zwischen August und November 2009 dreizehn Interviews mit für die Hebammenausbildung relevanten Interessensgruppen geführt. Entlang einer inhaltlichen Strukturanalyse der einzelnen Interviews wurden im nächsten Arbeitsschritt Kodes gebildet, welche im Weiteren unter Berücksichtigung der jeweiligen Hintergründe, Bedingungen und Strategien der Interviewten theoriegenerierend zusammengefasst und kategorisiert wurden. Von der verbandlichen Interessenvertretung der Hebammen in Deutschland seit gut zehn Jahren angestrebt, wirft die Akademisierung des Hebammenberufes sowohl in den eigenen Reihen als auch bei benachbarten Berufsgruppen Fragen auf. Bei den Berufsvertreterinnen scheint dabei weniger die Frage eine Rolle zu spielen, ob, sondern vielmehr die Frage, wie die Hebammenausbildung zeitgemäß gestaltet und möglicherweise auf Hochschulniveau angesiedelt werden kann, ohne dass sich dies negativ auf das Berufsprofil und seine praxisbezogenen Kernkompetenzen auswirken würde.
Hintergrund: Das niederländische Krankenversicherungsgesetz hat die bisher parallel existierenden gesetzlichen und privaten Krankenversicherer seit dem Jahr 2006 in ein stark reguliertes, gemeinsames Krankenversicherungssystem zusammengeführt. Regulierter Wettbewerb (Managed Competition) soll die Effizienz des Krankenversicherungssystems und des Versorgungssystems insgesamt erhöhen. Ziel: Wir untersuchen das Vorliegen dreier zentraler Voraussetzungen für einen gelungenen regulierten Wettbewerb: Risikoadjustierung, Wahlfreiheit der Versicherten und Instrumente für Versorgungsmanagement. Methode: Wir haben von September bis Oktober 2009 Experteninterviews mit zwölf Stakeholdern durchgeführt, transkribiert und analysiert. Ergebnisse: Das niederländische System der Risikoadjustierung ist zwar sehr weit, aber noch nicht perfekt entwickelt. Es gibt weiterhin Anreize für Krankenversicherer zur Risikoselektion, wenngleich dies offensichtlich nur selten geschieht. Der Wettbewerb zwischen Krankenversicherern hat bisher zu keinem ausgeprägten Wechselverhalten der Versicherten geführt. Das Krankenversicherungsgesetz gibt Krankenversicherern neue Anreize, die Wünsche der Versicherten stärker zu berücksichtigen. Die Anwendung von Instrumenten zur Versorgungssteuerung entwickelt sich aber nur langsam. Schlussfolgerung: Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen regulierten Wettbewerb in den Niederlanden sind noch nicht vollständig geschaffen: Risikoadjustierung kann noch nicht allen Anreizen zur Risikoselektion entgegenwirken. Versichertenpräferenzen werden erst jüngst zunehmend von Versicherern berücksichtigt und die Anwendung von Instrumenten zur Versorgungssteuerung befindet sich noch im Anfangsstadium.
Daten aus Hellfeld- und Dunkelfeld-Studien sprechen dafür, Stalking primär als eine Gewaltform zu begreifen, die Männer gegenüber Frauen ausüben. In Deutschland erfährt jede fünfte bis sechste Frau diese Gewalt. Stalking zielt auf Demoralisierung, vor allem die psychische Gesundheit und das soziale Wohlbefinden der gestalkten Personen können beeinträchtigt sein. Die Art der gesundheitlichen Folgen ist von Art, Ausmaß und Dauer des Stalkings und von der Wahl der Bewältigungsstrategien abhängig. Ziel des Forschungsprojekts Stopp Stalker war es, herauszufinden, inwieweit das professionelle Hilfesystem Empowerment-Prozesse bei von Stalking betroffenen Frauen unterstützt, um Demoralisierungsprozessen entgegen zu wirken. Es wurden 13 leitfadengestützte Interviews mit Akteuren aus dem Main-Kinzig-Kreis sowie Expertinnen und Experten aus dem regionalen und nationalem Umfeld geführt, um die Wissensbestände im Hilfesystem zu rekonstruieren. Die im Anschluss verfassten Erinnerungsprotokolle wurden in Anlehnung an das offene, selektive und axiale Kodieren der Grounded Theory ausgewertet. Aus der Perspektive des Hilfesystems folgt die Hilfesuche Betroffener keinem festen Muster. Professionelle Hilfe wird oft erst dann in Anspruch genommen, wenn eine massive Beeinträchtigung im Alltag vorliegt. Die Wahrnehmung der Betroffenen im Hilfesystem variiert von passiven und traumatisierten Personen zu sich aktiv wehrenden Persönlichkeiten. Aufgrund der regional unterschiedlichen Strukturen und nicht auf Stalking spezialisierten Beratungsstellen ist es nicht einfach, sich im Hilfesystem zu orientieren. Die Einrichtungen bieten unterschiedliche Schwerpunkte an. Sie begreifen sich auch als Vermittler innerhalb des Hilfesystems sowie zwischen Betroffenen und Gesellschaft. Psychosoziale Hilfe soll aus Sicht der Akteure dem individuellen Fall angepasst sein und enthält Elemente der Information über Handlungsoptionen, der Stabilisierung und der Aktivierung. Eine frühzeitige psychotherapeutische Versorgung zur Prävention und die Behandlung der gesundheitlichen Folgen scheinen nicht flächendeckend gewährleistet zu sein. Die Aufnahme von Stalking als Straftatbestand (§ 238 StGB) bietet verbesserte rechtliche Handlungsmöglichkeiten und hat zu einer Sensibilisierung in der Gesellschaft geführt. Dennoch wird der § 238 StGB in seinen Auswirkungen aufgrund von unpräzisen Rechtsbegriffen, der Verfahrensdauer und der rechtsstaatlichen Logik der Beweisführung kritisch gesehen. Die Kenntnis seiner Möglichkeiten bei den relevanten Akteuren scheint regional unterschiedlich zu sein. Frauen, denen Stalking widerfährt, haben dann eine Chance auf eine professionelle Unterstützung eines Empowerment-Prozesses, wenn sie Stalking als solches erkennen, aktiv Hilfe suchen, in der Suche an Personen bzw. Einrichtungen geraten, die sich die Idee des Empowerments intensiv zu eigen gemacht haben und darin eine kompetente Begleitung durch aktive Bewältigungsstrategien finden.
Unter Transitionen werden hier allgemein unstete, diskontinuierliche Übergangsprozesse verstanden. In der Selbstbeobachtung erscheinen sie z.B. als Brüche, überraschende Ereignisse, ungeahnte Chancen oder nie für möglich gehaltene Schocks. Retrospektiv jedenfalls – positiv wie negativ bewertet – als entscheidende Weichenstellungen, die später nachfolgende Entscheidungen in einschneidendem Umfang wenn schon nicht determinieren, so jedenfalls aber nachhaltig oder dauerhaft prägen. Als unstet werden sie deswegen eingeschätzt, weil Akteure heute davon zunehmend „unvorhergesehen“ und nicht planbar betroffen sind.
Gewalt kann zu Verletzungen führen, die akut versorgt werden müssen. Das Notaufnahmepersonal kommt deshalb in Kontakt mit Personen, denen Gewalt widerfahren ist und wird mit deren spezifischen Versorgungsanforderungen konfrontiert. In welchem Umfang dies erfolgt, ist in Deutschland weitgehend unbekannt. Es interessierte, wie häufig Gewaltfolgen in Notaufnahmen behandelt werden und wie hoch die Zwölf-Monatsprävalenz der Patientinnen und Patienten ist. Handlungsunsicherheiten der Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte sollten ermittelt werden. Das Personal aus drei hessischen Notaufnahmen wurde dazu angeleitet, einen Monat lang eine standardisierte Befragung nach Gewalt mit einer modifizierten Version des Partner Violence Screen (PVS)durchzuführen und wurde im Umgang mit gewaltbetroffenen Patientinnen und Patienten geschult. Die Rate der ermittelten Akutbehandlungen von Gewaltfolgen lag bei 4,3 % bis 18,5 %. Die routinemäßige Befragung der Patientinnen und Patienten nach Gewalt konnte nicht durchgängig realisiert werden. Die gewonnenen Daten können deshalb nur für eine der drei Kliniken auf einen Zwölf-Monatszeitraum übertragen werden. Im Rahmen der Schulungen konnten Handlungsunsicherheiten identifiziert und thematisiert werden. Notaufnahmen versorgen Gewaltopfer. Vor allem in der Versorgung chirurgischer Fälle ist dies alltäglich. Ein Gewaltscreening durchzuführen, scheint derzeit für Notaufnahmen nur schwierig realisierbar zu sein. Verbindliche Versorgungsstandards fehlen. Die Bereitschaft an Schulungen zum Umgang mit gewaltbetroffenen Patientinnen und Patienten teilzunehmen, ist vor allem bei Pflegekräften gegeben.
Hintergrund: Bäuerinnen sind besonders gefährdet, sich mit der zeckenübertragenen Borreliose zu infizieren. Aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit im Freien ist das berufsgruppenspezifische Risikopotenzial höher als das Risiko der Allgemeinbevölkerung. Es ist anzunehmen, dass die Bedeutung der Borreliose aufgrund klimatischer Veränderungen in Zukunft zunehmen und dann ein noch größerer Bedarf an zielgruppenorientierter Prävention für diese Berufsgruppe entstehen wird. Fragestellung: Der vorliegende Beitrag untersucht, welche Muster der Risikowahrnehmung und der Bewältigung von Borreliose nordhessische Bäuerinnen entwickeln. Diese Erkenntnisse sind Grundlage für zielgruppenspezifische Präventionsmaßnahmen, die an den alltäglichen und berufsbiographischen Handlungsmustern der Bäuerinnen ansetzen. Methodisches Vorgehen: Aus dem empirischen Material einer Gruppendiskussion wurden geschlechtsspezifische Wahrnehmungsmuster der Borreliosegefahr durch die einzelnen Bäuerinnen herausgearbeitet und gleichzeitig kollektive berufsgruppenspezifische Orientierungen rekonstruiert. Dazu wurden sequenzielle Feinanalysen genutzt. Ergebnisse: Fallrekonstruktive Analysen ergaben, dass Frau Berger im Gegensatz zu der von Borreliose betroffenen Frau Altmann kein routiniertes Muster beim Umgang mit Zeckenstichen zur Verfügung hat. Beide Bäuerinnen realisieren das Risiko einer Borrelioseinfektion erst im Nachhinein. Frau Altmann nimmt die Gefährdung wahr, sobald Wanderröte auftritt; Frau Berger hat für sich noch keinen wirklichen "Indikator" der Risikowahrnehmung entwickelt. Die vorliegenden empirischen Befunde verweisen in beiden Fällen darauf, dass berufsbiographische und alltagspraktische Handlungsmuster zur Abwehr der Infektionsgefahr eng miteinander verwoben sind. Schlussfolgerungen: Die außerordentlich hohe Berufsidentifikation der Bäuerinnen eröffnet Chancen für zielgruppen- und geschlechtsspezifische Präventionsansätze, sie erschwert jedoch auch individuell (vor-)sorgendes gesundheitsbezogenes Handeln. Gespräche mit betroffenen Bäuerinnen, die Auseinandersetzung mit der Infektionsgefahr, die sorgfältige Dokumentation von Zeckenstichen und die breite Sensibilisierung besonders exponierter Berufsgruppen über verschiedene Kommunikationswege stellen den Befunden dieser Arbeit zufolge sinnvolle Maßnahmen der Primärprävention dar.
Die Schutzambulanz Fulda dokumentiert gerichtsverwertbar Verletzungen nach interpersoneller Gewalt und asserviert Beweismaterial, unabhängig von einer Strafanzeige. Das vom Land Hessen und dem Landkreis Fulda finanzierte Modellprojekt ist im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) angesiedelt. Zwischen dem 17.05.2010 und dem 06.06.2011 wurden 141 Verdachtsfälle bekannt. In einer Vollerhebung wurden Angaben zur betroffenen Person, zum Ort und zur Art des Ereignisses, zu den angreifenden Personen sowie den Gewaltfolgen statistisch erfasst und ausgewertet. Die Schutzambulanz erreichte überwiegend Opfer von Partnergewalt gegen Frauen und familiärer Gewalt gegen Kinder aus den städtischen Regionen des Landkreises Fulda. Mutmaßliche Angreifer waren überwiegend männlich. In 55 Fällen erfolgte eine gerichtsverwertbare Dokumentation. Verletzungen waren vor allem am Kopf und an den oberen Extremitäten erkennbar. In 35 Fällen erfolgte eine Vermittlung an die Polizei. Die Schutzambulanz scheint ihre Ziele erreichen zu können.
Das Opferentschädigungsgesetz (OEG) entschädigt Opfer von Gewalt aus Mitteln des Staates für die ökonomischen Schäden, die aus den erlittenen gesundheitlichen Folgen resultieren. Nur ein kleiner Teil (ca. 4 %) der Personen, die wegen körperlicher oder sexualisierter Gewalt Anzeige erstatten, stellen einen Antrag auf Opferentschädigung. Das OEG und seine Regelungen scheinen sowohl unter Betroffenen als auch unter Menschen, die beruflich mit Gewaltgeschädigten zu tun haben, nicht hinreichend bekannt zu sein. Unter der Frage, welche Formen interpersoneller Gewalt sich in den Anträgen auf Opferentschädigung finden und inwieweit eine gerichtsverwertbare ärztliche Dokumentation die Bearbeitung erleichtern könnte, wurden 209 Anträge auf Opferentschädigung, die im Jahr 2008 im Versorgungsamt Fulda abschließend bearbeitet wurden, analysiert. Ergänzend wurden Experteninterviews durchgeführt. Etwa jeder dritte bis vierte der gestellten Anträge wurde bewilligt. Damit erhalten ca. 1 – 2 von 100 polizeilich registrierten Opfern eine soziale Entschädigung. Rentenansprüche bestehen in weniger als einem Drittel der bewilligten Anträge. Die Entschädigung von Therapiekosten wird im Regelfall durch eine Pauschale an die gesetzlichen Krankenversicherungen abgegolten, ohne spürbare Auswirkungen für Antragstellende, die krankenversichert sind. Strukturell scheint eine Benachteiligung in den Entschädigungschancen der Opfer von familiärer Gewalt bzw. Partnergewalt vorzuliegen und damit indirekt eine Benachteiligung von Frauen, vermutlich auch von Kindern und älteren Menschen. Zudem spiegelt der Tätlichkeitsbegriff des OEG nicht die Gesamtheit strafrechtlich relevanter Formen von Gewalt wider, die zu gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen führen können. Anerkennungsverfahren dauerten durchschnittlich 13 Monate; bei bewilligten Anträgen durchschnittlich 6 Monate länger als bei abgelehnten Anträgen. Eine zeitnahe Anerkennung und Entschädigung der Betroffenen konnte somit nicht gewährleistet werden. Zwischen der Akuthilfe durch die Polizei oder psychosozialen Hilfeeinrichtungen und den Entschädigungsleistungen durch das OEG zeigte sich dadurch eine Lücke in der Opferhilfe. Von dem Recht der Entscheidung nach einer freien Beweiswürdigung wurde in der Bearbeitung selten Gebrauch gemacht. Die ärztliche Dokumentation wird bisher nicht zur Beweiswürdigung genutzt, obwohl sie theoretisch eine Erleichterung für die antragstellende Person und die Sachbearbeitenden bei der Rekonstruktion des Tathergangs darstellen könnte. Veränderungspotentiale sind auf zwei Ebenen zu sehen: Eine Neuausrichtung des Opferrechts könnte die Anerkennung von Opfern ohne die automatische Verbindung mit Entschädigungsansprüchen beinhalten, Soforthilfe auf Basis einer glaubwürdigen Schilderung und Beweissicherung gewährleisten und Rentenzahlung im Falle langfristiger Folgen sicherstellen. Eine veränderte Verfahrenspraxis, auf Basis bestehender gesetzlicher Regelungen, könnte die Möglichkeit der freien Beweiswürdigung vermehrt anwenden und den systematischen Einbezug ärztlicher Dokumentation zur Beweiswürdigung vorsehen.
Die Attraktivität des Kostenerstattungsprinzips in der Gesetzlichen Krankenversicherung liegt auf den ersten Blick darin, dass gleichzeitig die Transparenz für die Versicherten erhöht, Abrechnungsbetrug verhindert, das Inanspruchnahmeverhalten der Versicherten reduziert und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch die gestärkte Rolle des Patienten verbessert werden sollen. Diese Erwartungen an die Wirksamkeit des Kostenerstattungsprinzips sind jedoch nur dann realisierbar, wenn Versicherte bzw. Patienten ein hohes Ausmaß an Altruismus im Sinne von hoch motivierter Verantwortlichkeit gegenüber der Versichertengemeinschaft an den Tag legen würden. Wird in Übereinstimmung mit der gesundheitsökonomischen Theorie von einem Nutzen maximierenden Patienten bzw. Versicherten ausgegangen, ist die Validität der Argumentationskette „mehr Transparenz – mehr Kostenbewusstsein – weniger Inanspruchnahme“ brüchig. Allein mit der Einführung des Kostenerstattungsprinzips ist eine Zunahme der Steuerungskompetenz des Patienten nicht zu erwarten. Empirisch ist ein verändertes Verhalten der Leistungserbringer ebenso wenig nachgewiesen wie die erwarteten Veränderungen im Versichertenverhalten. Es gibt sogar empirische Anzeichen dafür, dass ein steigendes Kostenbewusstsein im Rahmen eines ökonomisch rationalen Verhaltens zu steigender Inanspruchnahme gesundheitlicher Leistungen führen kann. Aus einem internationalen Vergleich (Australien, Niederlande) lassen sich drei Schlussfolgerungen ableiten: Erstens kann es für die Patienten erhebliche finanzielle Folgen haben, wenn dem Leistungserbringer die Wahl zwischen Kostenerstattung und Sachleistung überlassen wird. Die freie Arztwahl löst dieses Problem nicht, weil Leistungsanbieter nur in Ausnahmefällen freiwillig nach dem Sachleistungsprinzip abrechnen. Um Kostenerstattung für die Versicherten attraktiver zu machen, müssten zweitens gleiche Abrechnungssätze für Kostenerstattung und Sachleistung gelten. Dies würde das finanzielle Risiko für die Versicherten einschränken. Eine solche Regelung würde aber gleichzeitig das Interesse der Leistungsanbieter an der Kostenerstattung deutlich senken, weil zusätzliche Abrechnungsmöglichkeiten entfallen. Drittens besteht die Gefahr, dass sich Krankenversicherer bei einem steigenden Anteil von Kostenerstattungstarifen ihrer Steuerungs- und vor allem Sicherstellungsverantwortung entziehen. Dies gilt vor allem dann, wenn sich die Versicherten des Unterschieds zwischen Sachleistung und Kostenerstattung nicht bewusst sind. Im Rahmen des GKV-Finanzierungsgesetzes (GKV-FinG) hat der Gesetzgeber nur vorsichtige Änderungen an der Option zur Kostenerstattung vorgenommen. Ein Anspruch auf Erstattung für die Versicherten besteht weiterhin höchstens in der Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu erstatten hätte. Diese Beschränkung des Erstattungsanspruchs ist jedoch das zentrale Element, das die Attraktivität der Kostenerstattungsoption für die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltig begrenzt. Daher werden die Änderungen im GKV-FinG die Attraktivität der Kostenerstattungsoption - wie auch die Attraktivität eines Wahltarifs Kostenerstattung - nicht wesentlich erhöhen können. Entlang von Szenarien werden die Auswirkungen obligatorischer Kostenerstattung und unveränderten bzw. veränderten Abrechnungsmodalitäten diskutiert. So würde ein Szenario mit einem einheitlichen Abrechnungssystem und Wahlrecht für die Versicherten eine zentrale Barriere zur Inanspruchnahme des Kostenerstattungsprinzips beseitigen. Auch würden Anreize zur angebotsinduzierten Nachfrage weitgehend beseitigt. Die Effekte auf die Inanspruchnahme der Versicherten wären dennoch ungewiss. Letztlich ist zu fragen, ob eine erhöhte Kostentransparenz nicht auch mit geringerem administrativem Aufwand durch eine für die Patienten kostenfreie Patientenquittung erreicht werden könnte.
Based on a first video conference: small and middle sized companies in Russia and Germany: A comparative view organized by University "Interregional Institute of Economics and Law", Saint Petersburg/Russia and the University of Applied Sciences – Faculty of Business, Fulda/Germany held on 20th May 2010. Both institutes decided to organize a follow-up conference on January 27th 2011. Again the focus was to compare both markets for international operating companies in reasons for going abroad. The following papers are the outcome of this conference and were presented on the one hand by Fulda master students and on the other hand by Master Students from Saint Petersburg. The overall focus was again a comparative work from a company point of view. Hereby the main research question was to present different case studies based on a heterogeneous group of German-based companies in terms of size and branches. Success and failure in international management activities are discussed on an empirical and statistical basis. Furthermore the students from both institutes learnt also some practical matters like for example how can a foreign company establish its legal presence in Russia?
Die Bemühungen zur Reform öffentlicher Verwaltungen von bürokratischen Institutionen hin zu modernen Dienstleistungsorganisationen, die eigenständig bürgerfreundlich und wirtschaftlich agieren, prägen die politische Diskussion seit geraumer Zeit. Die Konzeption dieser Reformbemühungen wird unter den Begriff des „Neuen Steuerungsmodells“ zusammengefasst. Die Veröffentlichungen zum Neuen Steuerungsmodell gehen einheitlich davon aus, dass zur Realisierung der Reformen ein Verwaltungscontrolling benötigt wird, welches die Verwaltungsleitung bei der Erreichung der oben genannten Ziele unterstützen soll. Im vorliegenden Diskussionsbeitrag sollen zunächst die Aufgaben, die organisatorische Struktur sowie die Abläufe und Instrumente dargelegt werden, die das Verwaltungscontrolling zur Erfüllung seiner Unterstützungsaufgaben einsetzen kann. Weiterhin sollen der aktuelle Stand der Einführung des Verwaltungscontrollings sowie Probleme und Erfolgsfaktoren diskutiert werden, die bei der Einführung und der Praktizierung dieser Managementfunktion von Bedeutung sind.
Die UNESCO-Biosphärenreservate sollen Modellregionen für nachhaltige Entwicklung sein. Nachhaltige Entwicklung umfasst ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit und Verbraucherschutz stehen in einem engen Verhältnis zueinander. So kann Verbraucherschutz als Mittel zur Schaffung von Nachhaltigkeit in vielen Bereichen der Gesellschaft betrachtet werden. Dabei kommt insbesondere den Verbraucherrechten und deren tatsächlicher Durchsetzung eine elementare Funktion für den Verbraucherschutz zu. Im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön wurde seit dessen Einrichtung im Jahre 1991 eine Vielzahl an beispielhaften Projekten der nachhaltigen Regionalentwicklung angestoßen und durchgeführt, so etwa in Hessen die Qualifizierungsinitiative „Frauen im Landtourismus“. Im Rahmen dieses Projekts sollte vor allem Frauen aus dem landwirtschaftlichen Bereich die Möglichkeit eröffnet werden, durch den Erwerb entsprechender Zusatzqualifikationen Zusatzeinkommen etwa im Hoftourismus oder der Direktvermarktung zu generieren. Aus diesem Projekt ist der Verein Rhöner Durchblick hervorgegangen. Einige dieser beispielhaften Projekte wurden nicht nur bis in die Gegenwart fortgeführt, sondern auch entsprechend weiterentwickelt. Dies trifft zum Beispiel auf das Partnerbetriebssystem des Vereins Natur- und Lebensraum Rhön (VNLR) zu, das als Ausgangspunkt für die Entwicklung der Dachmarke Rhön gesehen werden kann.
Der paläarktische Gesamtbestand des Birkhuhns wird derzeit auf eine Größenordnung von 5-10 Millionen Tiere geschätzt (STORCH 2000). Der europäische Anteil daran beträgt etwa 1/5. In Deutschland und ganz Mitteleuropa stehen Birkhühner wie auch die anderen Raufußhühner auf den nationalen Roten Listen bedrohter Arten. Die Bestände sind seit Jahrzehnten rückläufig. Heute dürfte der Bestand für Birkhühner in Deutschland nur knapp über 1000 Individuen liegen. Die meisten davon, ca. 800-1000 Individuen (BEZZEL et al. 2005), leben in den Bayerischen Alpen. Hier profitieren die Bestände vom großflächigen Zusammenhang der Alpinen Populationen. Alle übrigen Populationen von Birkhühnern in Deutschland liegen unter 100 Vögeln und sind als hochgradig gefährdet einzustufen (STORCH 2008).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die geplante Baumaßnahme eine sehr schwere Beeinträchtigung des dortigen Lebensraums zur Folge hätte. Auch andere Bauvorhaben jedweder Funktion, z.B. landwirtschaftliche oder gewerbliche (etwa Außenstellen, Scheunen, Silos, Lager- oder Maschinenhallen)hätten den gleichen Effekt. Solche Eingriffe sind hinsichtlich der Funktion dieses Lebensraums als Rast- und Brutgebiet – besonders für Offenlandvögel – auch nicht ausgleichbar. (Wo könnte man in der Umgebung solche fast ebenen, übersichtlichen, strukturarmen landwirtschaftlichen Flächen zusätzlich schaffen?) Deshalb sollte dieser Lebensraum unverändert erhalten und von jeder weiteren Bebauung verschont werden und andere Standorte für geplante Bauvorhaben gesucht werden.
Der partizipative Ansatz der frühzeitigen Beteiligung aller relevanten Akteure wird verstärkt auf dem Gebiet des Naturschutzes verfolgt, da es die Komplexität der Probleme schlichtweg erfordert: „Viele Probleme im Naturschutz sind sozialen Ursprungs, so dass der ‚Faktor Mensch’ bewusst in das Naturschutzgeschehen eingeplant werden sollte“ (STOLL 1999). Eine professionelle Planung, Durchführung und Nachbereitung sind von großer Bedeutung bei den modernen Beteiligungsverfahren, daher sollten solche diskursiven und partizipativen Prozesse im Naturschutz von Beteiligungs-Fachleuten wie Moderatoren, Mediatoren oder Organisationsentwicklern durchgeführt werden. Unerlässlich für den Erfolg von Beteiligungsverfahren sind offizielle und verbindliche Rahmenbedingungen. Dazu zählen Transparenz, Legitimation der Akteure und Neutralität der zwischen den Akteuren vermittelnden Personen. Auch inoffizielle Rahmenbedingungen wie Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit und Vertrauen spielen eine große Rolle. Darüber hinaus müssen ausreichende Finanzmittel für Beteiligungsverfahren zur Verfügung stehen. Werden diese Punkte nicht beachtet, ist die Gefahr groß, dass ein Beteiligungsverfahren nicht zu dem gewünschten Erfolg führt. Unzufriedenheit und ein allgemeines Infragestellen bis hin zur Ablehnung von Beteiligungsverfahren kann die Reaktion der Akteure sein (VIETH 2000).
Als bedeutsamster regionalökonomischer Nachteil einer neuen Rhönquerung ist zweifellos die Schwächung des touristischen Potenzials durch Beeinträchtigung von Ruhe und Naturerleben im Trassennahbereich zu sehen. In regionalökonomischer Hinsicht sind diese Wirkungen angesichts der auch derzeit eher schwach ausgebildeten Tourismuswirtschaft der berührten Gemeinden sicherlich von keiner entscheidenden Bedeutung, doch werden durch neue Verkehrsinfrastrukturen Rahmenbedingungen geschaffen, die die künftigen Entwicklungslinien der begünstigten bzw. benachteiligten Orte wesentlich beeinflussen. Für diese Ortschaften ist es daher weniger eine wissenschaftliche Frage nach den Nutzen und Kosten als vielmehr eine politische Frage, in welchem Szenario die Orte ihre Zukunft sehen: als verkehrsaffine, überregional orientierte Gewerbestandorte mit entsprechender Verkehrsinfrastruktur oder als eher periphere, allenfalls in regionale Wirtschaftskreisläufe eingebundene Wohnstandorte?
„Woher kommen Eier? Was frisst eine Ziege? Wie entsteht unsere Milch?“ Das sind nur einige Fragen, die Grundschüler immer häufiger stellen, wenn es um unsere Nahrungsmittel und die Landwirtschaft geht. Einem großen Teil unserer Bevölkerung sind viele Arbeitsabläufe in landwirtschaftlichen Betrieben nicht mehr bekannt, und das Wissen um den Ursprung der Nahrungsmittel und deren Weiterverarbeitung geht immer mehr verloren. Zudem wird in Kinderbüchern und Fernsehsendungen oft ein idyllisches und verfälschtes Bild von Landwirtschaft vermittelt, das mit dem Alltag auf dem Bauernhof kaum noch etwas zu tun hat. Um diese Wissensdefizite auszugleichen, wurde im Jahr 2000 die Initiative Bauernhof als Klassenzimmer vom Hessischen Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz gemeinsam mit dem Hessischen Bauernverband und dem Hessischen Kultusministerium ins Leben gerufen. Mittlerweile stehen für alle Interessierten in einem eigenen Internetportal (www.bauernhof-als-klassenzimmer-hessen.de) zahlreiche Informationen zum Herunterladen bereit. Auch Lehrerfortbildungen werden dokumentiert und die Suche nach landwirtschaftlichen Partnerbetrieben – vor allem in der eigenen Region – durch eine Adressenliste erleichtert.
„Gute Gesundheit unterstützt erfolgreiches Lernen, erfolgreiches Lernen unterstützt die Gesundheit. Erziehung und Gesundheit sind untrennbar.“ Diese Aussage von Desmond O’Byrne, WHO Genf, setzte den Meilenstein der weltweiten Umorientierung der Gesundheitserziehung hin zu einer an der umfassenden Gesundheitsförderung orientierten Strategie der Weltgesundheitsorganisation. Dieser Prozess der Neuorientierung war von Anfang an verbunden mit dem Streben nach zukunftsfähigen und gesundheitsförderlichen Arbeits- und Lebensbedingungen, die von den Vereinten Nationen mit der Strategie der nachhaltigen Entwicklung als Zukunftsaufgabe aller Mitglieder der Staatengemeinschaft auf diesem Planenten entwickelt und verfolgt wird. Den Grundsatz dieser Strategie beschreibt die Aussage der ehemaligen Vorsitzenden der Kommission der Vereinten Nationen, Gro Harlem Brundlandt: „Wir müssen zukünftig darauf achten, dass wir unsere Bedürfnisse so befriedigen, dass dies auch zukünftige Generationen tun können.“
Die zunehmenden Verluste an Realitäts- und Praxisbezug und die einseitige Betonung der fachwissenschaftlichen Kenntnisse sind Kernprobleme im Kontext der Bildung in der Schule (Sauerborn/Brühne 2007, S. 9). Um dem Defizit von Primärerfahrungen in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken, haben sich moderne methodisch-didaktische Konzepte in der Schulpraxis etabliert. So werden Stichwörter wie „Handlungsorientierung“, „Offener Unterricht“, „Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler“, „fächerübergreifendes und problemorientiertes Lernen“ und „Ganzheitlichkeit“ in der fachdidaktischen Diskussion schon seit längerem erörtert und fließen als unerlässliche Unterrichtsprinzipien in die tägliche Unterrichtsplanung von Lehrerinnen und Lehrern ein. Dabei wird das aus Zeiten des pädagogischen Realismus (17. Jahrhundert), der Pädagogen der Aufklärung (18. Jahrhundert) und der des Anschauungsunterrichts im 19. Jahrhundert sowie der Zeit der Reformpädagogik des frühen 20. Jahrhunderts stammende außerschulische Lernen wieder entdeckt und findet seine Berechtigung in der aktuellen schulischen Bildung.